Von Simon Froehling

 

Vor Marikana

 

In kwaZulu-Natal rasen wir stundenlang neben Eukalyptusplantagen her:

Abertausend gleissend-weisse Stämme entziehen dem Land das Wasser

Genetically modified sagt meine Schwester und entlang der Strasse

die Schienen für das Holz für das Papier für einen Text wie diesen

 

Der Geruch von Inhalationen von Dampf dringt ins Auto

Fieberfrost einer erinnerten Grippe und auf dem Pannenstreifen:

Schwarze Kinder kommen in ihren Uniformen aus der Schule

At least two bodies haben sie und ihr Mann hier liegen sehen

 

Hinter der letzten Plantage dann die erste von vielen Minen

Diamanten vielleicht oder Kupfer für unsere Armreifen in Solidarität

mit Menschen mit HIV mit AIDS und vom Rücksitz ihre Stimme:

Darling turn the aircon off



Nach Marikana

 

 Ein Journalist beschwört Dornbüsche, verdorrtes Gras und beinahe biblisch

taucht die sinkende Sonne den Hill of Horrors in warmes Licht im Flugzeug

in der ersten Zeitung seit Tagen lässt er sich von Alliterationen verführen

von Schmelze, Schlachtfeld und Schwarze schiessen auf Schwarze

 

Im Flugzeug in der ersten Zeitung nordwestlich von Johannesburg

stolpere ich über Begriffe keine Bilder stellen sich ein zu Platin zu 80 Prozent

des Weltvorkommens das unter uns liegt unter der Wolkendecke unter Tag

keine Bilder zu Lohnforderungen, D-Day und 34 Kumpel

 

Von Apartheid ist die Rede von automatischen Gewehren und im Flugzeug kommt

nach der ersten Nennung des African National Congress das Kürzel in eine Klammer

wie man es gelernt in der weissen Welt die nichts mehr versteht schon gar nicht

wie Zuma während ein Streikender im Aufmacherbild so nennen wir das

 

Ein Streikender leckt die Spitze seines Speeres ab

 

Salt Rock/Zürich, 2012